Stimmen zur geplanten Wohnanlage

Öffnen wir unser Herz!

Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, 

Sie entscheiden am 6. Dezember auch über ein Projekt für Menschen mit Behinderung. Im neuen Gewerbegebiet „Plattenacker“ soll eine Heimat für hilfsbedürftige Menschen entstehen, mit denen es das Leben nicht so gut gemeint hat. Dieses Vorhaben liegt mir und vielen anderen am Herzen, weil die Menschen mit Behinderung einen Ort der Fürsorge und Geborgenheit verdienen. 

Ich freue mich, dass die von mir hoch geschätzte Stiftung Sankt Johannes hinter diesem Projekt der Nächstenliebe steht. Und ich möchte Ihnen vier gute Gründe nennen, warum Oberhausen ein guter Platz für das Betreuungsheim ist.


1. Wir können ein Vorbild sein. Die Zuwendung zu Menschen mit Behinderung ist manchmal nur ein Lippenbekenntnis. Wenn diese Aufgabe näher rückt, schreckt mancher zurück. Wir haben jetzt die Gelegenheit, unser Herz für Menschen zu öffnen, die von Geburt an keine Chance hatten, ein eigenständiges Leben zu führen. Bei uns sind auch Menschen mit Behinderung willkommen.

2.  Oberhausen ist eine soziale Gemeinde. Wo immer man sich im Dekanat Neuburg-Schrobenhausen und darüber hinaus umhört, gelten die Menschen in Oberhausen als fortschrittlich und offen: Nachbarn helfen Nachbarn, wenn sie zum Arzt müssen. Das Mehr-Generationen-Haus ist ein Vorzeigeprojekt. Das Kaffeehaus bietet ­Kontakte und soziale Preise. Es gibt wenige Kommunen, in denen ehrenamtliche Arbeit so selbstverständlich geleistet wird. Eine solche Gemeinschaft mit gelebter Verantwortung für den Nächsten ist eine Wunschheimat für dieses Projekt.

3. Die Stiftung ist ein guter Nachbar. Sankt Johannes hat mehr als 150 Jahre Erfahrung in der Betreuung von Menschen mit Behinderung. Die Stiftung hat Kompetenz und hervorragende Fachkräfte, die sie großteils selbst ausbildet. Im Fokus stehen neben den Menschen mit Behinderung auch die Nachbarn der vielen Einrichtungen. Glauben Sie nicht den Angstmachern. Ich kenne Sankt Johannes seit fast 20 Jahren und habe größtes Vertrauen in die Verlässlichkeit der Stiftung. Mir ist kein Fall bekannt, bei dem es zu einer Belästigung oder einem Übergriff kam. 

4. Inklusion ist Nächstenliebe. Das geplante Wohnheim wird das Leben für die Betreuten ein Stück weit besser machen. Sie und ihre Familien sind unverschuldet in eine Situation geraten, die ein selbstständiges Leben nicht mehr möglich macht. Seien wir froh, dass es uns gut geht. Öffnen wir die Türen unserer Gemeinde für die, die Hilfe brauchen. Denn Gesunde und Kranke sind in unserer Gesellschaft gleichberechtigt.

Und deshalb richte ich meine Bitte an Sie: Gehen Sie wählen und beantworten Sie die Frage des Bürgerentscheids mit „Nein“. Nur dann kann die Gemeinde die Planung für das Wohnheim für Menschen mit Behinderung weiterverfolgen. Helfen Sie mit, dass auch Menschen mit Behinderung in unserer Mitte einen Platz finden.
 

Interview über Fürsorge, Kompetenz und die Besonderheiten der geplanten Betreuungseinrichtung am Plattenacker 

Herr Freiberger, Sie planen ein Betreuungsheim für Menschen mit intensivem Unterstützungsbedarf in Oberhausen. Wer ist die Stiftung Sankt Johannes, die hinter dieser Initiative steht?
Robert Freiberger: Wir sind eine Sozialstiftung, die seit mehr als 150 Jahren Menschen mit Behinderung betreut und fördert. Die Stiftung Sankt Johannes hat ein christliches Menschenbild und große Erfahrung. Unser Markenzeichen ist die Vielseitigkeit, denn wir betreuen, beraten und fördern Menschen mit den unterschiedlichsten Behinderungen. Die Stiftung sucht für jeden die maßgeschneiderte Lösung, um allen von uns Betreuten ein gutes Leben zu ermöglichen. Diese besondere Zuwendung und unsere Kompetenz werden weithin geschätzt, sodass wir inzwischen auch Arbeitgeber von 950 Mitarbeitern sind.

Was ist denn die Mission der Stiftung Sankt Johannes?
Das ist die Inklusion. Wir möchten Menschen mit Behinderung in unsere Gesellschaft einbinden. Wir sind überzeugt, dass es uns allen besser geht, wenn wir es schaffen, gemeinsam gut zusammenzuleben. Uns treibt christliche Fürsorge, deshalb streben wir nach gesellschaftlicher Teilhabe für alle Menschen.

Inklusion heißt, dass niemand in unserer Gesellschaft ausgegrenzt wird?
Ich möchte positiv formulieren: Wir unterstützen Menschen mit Behinderung, die uns anvertraut werden, damit sie selbstbestimmt und gleichberechtigt am Zusammenleben in der Gemeinschaft teilhaben können. Mancher braucht dabei mehr Unterstützung, ein Anderer weniger. Aber jeder sollte die Möglichkeit haben, selbstbewusst mittendrin zu leben. Wir wollen Menschen nicht in eine Sonderwelt abschieben. Deshalb verfolgen wir auch bei unseren Betreuungsangeboten einen dezentralen Ansatz mit maßgeschneiderten Möglichkeiten.

Das müssen Sie genauer erläutern.
Wir bieten ein breites und vielfältiges Spektrum von Wohnangeboten mit Lösungen für Menschen mit den unterschiedlichsten Behinderungen. Wir betreuen in eigenen Wohnungen, bieten offene Wohngruppen und haben auch Einrichtungen mit intensiverer Zuwendung. In allen Varianten versuchen wir, die Betreuten dabei zu unterstützen, ihr Leben sinnvoll zu gestalten. Die Wege dahin können vielfältig sein.

Wie individuell können Sie auf die Menschen eingehen?
Wir haben da sehr gut geschulte und kreative Mitarbeiter, die viel Selbstverwirklichung möglich machen. Nur ein Beispiel: Wir unterstützen einen Glasbläser, der psychisch krank ist. Die Betreuer haben ihm in der Einrichtung eine kleine Glasbläserwerkstatt installiert. Jetzt arbeitet er ohne Leistungsdruck und schafft sehr schöne Werke. Der Betreuer fährt mit ihm auf Märkte und sie verkaufen die Produkte. Stück für Stück gewinnt dieser Mann dadurch sein selbstbestimmtes Leben zurück.

In der Gemeinde Oberhausen wollen Sie ein Wohnheim für Menschen mit Behinderung und herausforderndem Verhalten einrichten. Warum liegt Ihnen das Vorhaben am Plattenacker so sehr am Herzen?
Wir haben einen großen Mangel an Betreuungseinrichtungen dieser Art. Der Bezirk Oberbayern hat sich mit einem Hilferuf an uns gewandt. 
Zuvor waren zwei Einrichtungen geschlossen worden. Wir haben eine Lösung gesucht und in Oberhausen das perfekte Grundstück gefunden.

Warum mangelt es an Betreuungseinrichtungen für diese Menschen?
Für die Betreuung braucht es geschulte Fachkräfte und spezielle Wohnheime. Wissen Sie, diese Menschen zeigen aufgrund ihrer Behinderung zum Teil herausforderndes Verhalten. Sie kommen in offenen Wohnsituationen nicht zurecht, weil sie dort manchmal überfordert sind. Die Herausforderungen können individuell ganz unterschiedlich sein. Der eine benötigt eine reduzierte Einrichtung, der andere mag kein helles Licht. Wir schaffen maßgeschneiderte Räume und eine auf sie abgestimmte Umgebung, die den individuellen Bedürfnissen Rechnung trägt. Erst wenn das gewünschte Umfeld steht, ist die Einbindung in ein soziales Gefüge möglich. Dann können sich Unruhe und nicht angepasste Verhaltensweisen reduzieren.

Wie sieht das geplante Pflegekonzept für die Menschen mit intensivem Unterstützungsbedarf aus?
Das Konzept beginnt mit der Planung der Räumlichkeiten. Baulich wird es Gruppenräume in unterschiedlicher Größe geben. Jeder Betreute hat ein eigenes, individuell eingerichtetes Zimmer mit eigenem Bad. Die Bewohner werden intensiv umsorgt, bis hin zu einer Eins-zu-Eins-Betreuung. In dem Haus werden 30 bis 40 Betreuer arbeiten und die Menschen 24 Stunden lang an 365 Tagen im Jahr beaufsichtigen. Das multiprofessionelle Team besteht aus Pädagogen, Ergotherapeuten, Sozialarbeitern und vielen anderen Fachkräften.

Wie wird denn der Tagesablauf in dem geplantenvWohnheim aussehen?
Das läuft ganz individuell. Manche trinken morgens Kaffee zusammen mit den Betreuern, andere bleiben im Zimmer. Die Bewohner gehen nicht weg, sie bleiben in der Regel im Haus. Von den 24 Plätzen sind sechs offen ausgerichtet. Das heißt, wenn sich herausstellt, jemand braucht ein weniger striktes Setting, dann bieten wir auch Entwicklungsmöglichkeiten – Stufe für Stufe. Der eine oder andere wird, wenn er so weit ist, auch in der Gemeinde spazieren gehen. 

Ist denn in der Geschichte der betreuenden Stiftung Sankt Johannes schon einmal etwas Kritisches in der Nachbarschaft passiert?
Nein. Wir haben seit mehr als 150 Jahren ­Erfahrung – auch in der Betreuung von Menschen mit Intensivstbehinderung. Weder im Umfeld der ­vielen dezentralen Einrichtungen noch in unserem Hauptsitz Marxheim-Schweinspoint mit 300 Betreuten gab es jemals Probleme. Es ist nie jemand angegriffen oder belästigt worden.

Müssen die Bewohner von Oberhausen Angst vor den Menschen mit herausforderndem Verhalten haben?
Nein, dafür gibt es keinen Grund. Wir sind eine beschützende Einrichtung. Wenn ein Mensch mit Behinderung mit Aggressionsmerkmalen sein Heim verlässt, dann wird er eng von einer Fachkraft betreut. Das Heim ist nach außen geschlossen. Aber es wird kein Gefängnis sein mit einer sechs Meter hohen Mauer. Wir planen eine schöne Hecke, in der ein Zaun verbaut ist. Es kann sein, dass mal jemand laut ist, aber die Sicherheit können wir garantieren.  

Wie stellen Sie sich das Zusammenleben mit den Nachbarn vor?
Wir wünschen uns Kommunikation und Offenheit, denn wir sind keine Blackbox. Ich kann mir einen Beirat aus Gemeinderatsmitgliedern vorstellen, mit dem wir uns regelmäßig austauschen. Wenn es Probleme geben sollte, werden wir sie lösen. So haben wir es kürzlich auch in unserer Einrichtung in Rain am Lech gemacht: Da haben sich Nachbarn durch morgendliche Schreie gestört gefühlt. Wir sind dem auf den Grund gegangen und es kam heraus, dass ein Mensch mit Behinderung sich morgens gerne auf die Balkonschaukel gesetzt hat und vor Freude darüber schrie. Wir haben die Schaukel dann im Zimmer aufgebaut und das Problem war gelöst.   

Wie kamen Sie auf den Standort Oberhausen?
Unsere Zentrale liegt in Marxheim und wir wollten im näheren Einzugsbereich bleiben. Deshalb haben wir im nördlichen Oberbayern mehrere Standorte geprüft und sind in Oberhausen fündig geworden. Die Gemeinde hat eine gute strategische Lage. Im nahen Burgheim/Straß gibt es eine Großküche in unserem Stiftungsseniorenheim, die das Essen liefern kann. Zudem hat Oberhausen ja den Ruf, eine sehr soziale Gemeinde zu sein. Dort wird beispielsweise eine herausragende Seniorenarbeit geleistet. Die Offenheit der Menschen und das soziale Selbstbild sind starke Argumente. Wir haben seit dem ersten Gespräch mit den Gemeinderäten und dem Bürgermeister gespürt, in Oberhausen willkommen zu sein. Die Einstimmigkeit bei der Entscheidung im Gemeinderat hat uns natürlich bestärkt.

Ich will den Menschen eine glückliche Zeit ermöglichen!

Es ist Montag, 7.45 Uhr, und die fünf Mitarbeiter um Andreas Grün sitzen schon beisammen. Der Leiter der Kreativwerkstatt im Haus Schönblick in Marxheim bespricht mit seinem Team die kommenden Stunden. Bis 16 Uhr sind sie für die strukturierte Gestaltung des Tages von 25 Bewohnern mit geistiger und psychischer Behinderung verantwortlich. Um für jeden Betreuten einen guten Tag planen zu können, ist es wichtig zu wissen: Wie war das Wochenende? Gab es Konflikte unter den Bewohnern? Wer geht sich heute besser aus dem Weg? Braucht jemand besondere Aufmerksamkeit, weil er traurig ist? Stehen Arzttermine an?

All diese Informationen hat Herr Grün wenige Minuten vorher beim pflegenden Personal in den vier Wohngruppen gesammelt. Sie fließen in die verschiedenen Beschäftigungsangebote ein. Wie in allen Einrichtungen der Stiftung Sankt Johannes soll Menschen mit physischen und psychischen Behinderungen ein sinnstiftendes Leben ermöglicht werden.

Ein gutes Leben ist sehr individuell 

Den Bewohnern stehen neben Therapie- auch Kreativräume zur Verfügung. Begeistert erzählt Grün von der Tonwerkstatt und den kleinen Kunstwerken, die dort entstehen. Jeder arbeitet hier nach seinem Können. Menschen mit geistiger Behinderung haben sehr viel Freude beim Drehen von Tonkugeln, andere bemalen und glasieren lieber. Besonders die Gartenstäbe mit den aufgesteckten bunten Kugeln kommen gut auf Märkten und unseren stiftungseigenen Läden an. „Es gab auch schon Kunden, die schauten bei uns in der Werkstatt vorbei und bedankten sich persönlich. Diese Wertschätzung macht unsere Künstler natürlich extra stolz“, erzählt der 43-jährige Leiter. Auch gestrickte Schals für Tonfiguren und liebevolle Weihnachtskrippen entstehen hier – je nachdem, worauf sich gerade der Fokus der Bewohner legt. „Uns ist wichtig, dass sich die Menschen mit Tätigkeiten beschäftigen, die sinngebend für sie sind. Sie sollen überlegen: Was macht mir gerade Spaß? Was will ich heute machen?“

Einige Betreute leben seit ihrer Geburt mit einer Behinderung, die von einem Gendefekt, Schwangerschaftskomplikationen oder einer Erkrankung des Fötus ausgelöst wurde. Grün bietet ihnen verschiedene Objekte an – einen Ball, Stifte, ein Kuscheltier – und sie wählen aus. Eine ältere Bewohnerin ist schon das ganze Wochenende niedergeschlagen. Sie wünscht sich einen Spaziergang auf dem Gelände mit ihrer Lieblingsbetreuerin. Dafür nimmt sich die Kollegin sehr gerne Zeit. 
 
Von 11 Uhr bis 12:30 Uhr ist Mittagspause. Vor der Corona-Pandemie gingen alle gemeinsam zum Mittagessen in die Mensa. Das ist zur Zeit nicht möglich und die einzelnen Gruppen essen getrennt in ihren Wohnbereichen.

Wir arbeiten vorausschauend zusammen, auch zu unserer eigenen Sicherheit

Am Nachmittag wird es kurz laut. Einer der Bewohner ist mit seiner bemalten Tonkugel unzufrieden und zeigt sich aufbrausend. Andreas Grün und sein Team gehen routiniert mit der Situation um. Sie sind umfassend auf solche Momente vorbereitet. Zum einen sind alle untereinander mit einem Rufsystem verbunden. Ein Knopfdruck auf den Pager und sofort kommt Unterstützung. Zum anderen ist der gesamte Tag so geplant, dass in Zweierteams gearbeitet wird. Zusätzlich finden regelmäßig ­Supervisionen und ein Austausch mit Psychologen, Psychischen Hilfen und Sozialdiensten statt. 

Bei anhaltendem oder wiederholtem herausfordernden Verhalten wird der Deeskalationsmanager der Stiftung Sankt Johannes hinzugezogen. Gemeinsam mit ihm analysiert das Personal die Situation rund um den Ausbruch. In Form eines Tagebuchs wird genau dokumentiert, wie die Umstände vor, während und nach der Situation waren. Genauso wichtig sind die Momente, in denen das Verhalten nicht gezeigt wird. Was ist hier anders? Darauf wird entsprechend reagiert. „Wir haben verschiedene Möglichkeiten, dazu gehört auch, das Verhalten umzulenken oder ausleben zu lassen. Mir fällt dazu ein Betreuter ein, der in bestimmten Situationen eingenässt hat. Nach gescheiterten Versuchen, das zu stoppen, haben wir uns entschieden, das einfach zu akzeptieren. Keine Aufregung, keine gesteigerte Aufmerksamkeit. Einfach freundlich beim Umziehen helfen. Und er hat binnen kürzester Zeit damit aufgehört.“ 

Der richtige Wohnraum minimiert Krisen

Das Wichtigste aber ist, solche Krisen zu minimieren. Je wohler sich die Bewohner fühlen, desto weniger zeigen sie besonders herausforderndes Verhalten. Ein allgemeines Wohlfühlen gelingt mit einer besonders gestalteten Wohnumgebung: reizarme Räume in Verbindung mit Rückzugsmöglichkeiten, geschützten Außenbereichen, kleinen Gruppen, einem strukturierten Tagesablauf und einem besonders geschulten Personal geben den Bewohnern eine Sicherheit, in der es ihnen gut geht und sie sich sogar entwickeln können.

Kurz bevor es ans Aufräumen geht, schnüffelt hoher Besuch durch die Kreativräume. Therapiehund Molly ist zu Gast. Genauso wie die Kunsttherapie fördert die Zusammenarbeit mit einem Tier Dinge über den Menschen zutage, die er selbst nicht in Worte fassen kann. Eine Bewohnerin mit geistiger Behinderung im Rentenalter zum Beispiel kämpft schon lange mit überflüssigen Pfunden. Mit Molly an der Leine und einem Tennisball in der Hand fällt ihr die zusätzliche Bewegung gleich viel leichter. 

Auf seinem Weg in die Wohngruppen trifft Herr Grün auf die Familie einer Bewohnerin. Sie ist froh, einen Platz in der Einrichtung für ihre Tochter gefunden zu haben. Die Familie lebt in der Region und kommt regelmäßig zu Besuch. „Auch mir als Betreuer ist die Nähe zu den Familien sehr wichtig. Es ist gut, damit eine zusätzliche Unterstützung zu haben. Und für die Bewohner ist der Kontakt zu den Angehörigen ein Urbedürfnis.“ Herr Grün und sein Team übergeben die Dokumentation des Tages an die Wohngruppenleiter – und beantworten die gleichen Fragen, die sie am Morgen gestellt haben. Und morgen früh wieder stellen werden.
 

Das sagen Angehörige von Menschen mit Behinderung

Die Familie Briglmeir lebt in Oberhausen. Zwei der vier Kinder sind körperlich behindert. Vater Herbert Briglmeir sagt: „Ich verstehe nicht, wie man gegen ein Projekt zur Unterstützung von Menschen mit Behinderung sein kann. Es kann uns doch alle treffen und dann braucht jeder professionelle Hilfe. Es sollte noch mehr solcher Projekte geben. Für jeden Menschen ist es positiv, zu  Menschen mit Behinderung Kontakt zu haben. Es ist bereichernd, weil man Sozialkompetenz gewinnt.“

Christine und Norbert Jocham wohnen mit einer Tochter mit Behinderung in Oberhausen etwa einen Kilometer vom Gebiet  Plattenacker entfernt. Sie sagen: „Wir wissen, wie schwer es ist, einen Betreuungsplatz zu finden. Unsere Tochter wird nun in einer Einrichtung der Stiftung Sankt Johannes in Donauwörth betreut. Wir erleben dort Stiftungsmitarbeiter, die sich mit ganzem Herzen für Menschen mit Behinderung engagieren. Vielleicht kennen die Gegner des Projektes gar keine Menschen mit Behinderung? Sie sollten mal in die Stiftungszentrale nach Marxheim-Schweinspoint fahren und die Herzlichkeit dort erleben. Wer ein christliches Menschenbild hat, darf nicht gegen Menschen mit Behinderung sein.“

»Professionelle Träger wie die Stiftung Sankt Johannes sind verlässliche Partner bei der Intensivstbetreuung.«

Die Betreuung von Menschen mit Behinderung und mit herausforderndem Verhalten wird für den Bezirk Oberbayern ein immer ernsthafteres 
Problem. Derzeit gibt es rund 200 Wohnplätze im Bezirk. Der Bedarf ist deutlich höher und wird weiter steigen. Angesichts der Betreuungsnot 
hat die Bezirksregierung Professor Dr. Reinhard Markowetz von der Münchner Ludwig-Maximilian-Universität darum gebeten, ein Gesamtkonzept zur Versorgung dieser Personengruppe zu erarbeiten. 

Das Forschungsprojekt trägt den Titel PINO (Projekt Intensivwohnen Netzwerk Oberbayern) und soll im Dezember 2023 abgeschlossen sein. „Die Betreuung dieser Menschen ist in der Tat keine leichte Aufgabe, weil es viele unterschied­liche Herausforderungen gibt. Die Gruppe ist heterogen, jeder von ihnen braucht eine intensive, individuelle Betreuung und Versorgung und eine gute Förderung durch kompetente Pädagogen“, sagte Professor Markowetz im Gespräch mit unserer Zeitung. Professionelle Träger wie die Stiftung Sankt Johannes seien verlässliche und gute Partner, um das zu leisten. Markowetz: „Es muss das Ziel sein, das Leben und die Versorgung in kleineren Gruppen zu organisieren, um den Menschen Lebensqualität bieten und Teilhabe ermöglichen zu können. Für eine Gemeinde ist die Errichtung einer Betreuungseinrichtung die Chance, sich als eine wirklich für alle Mitbürger offene und inklusive Kommune zu zeigen.“
 

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